I Prolog- Antrieb
Dem „Urban Jungle“ entfliehen. Rucksack packen und los. Anderes Sehen und Wahrnehmen. Bunt statt grau, Leis statt Laut, Bewegung statt Sitzen. Erleben und Wahrnehmen.. darüber berichten.
„Die Wied entlang“. So schreit es förmlich schon lange in mir. Warum weiß ich nicht. Das Gewässer hat eine Anziehungskraft. Soviel ist klar. Vielleicht wird es jetzt offenbar warum. Ich folge dem Ruf. In Etappen. 106 km wollen gemeistert werden.
Minimale Recherche vorab, im Lehnstuhl bei Kaffee und Gebäck. Mit dem Finger auf der Landkarte und den Augen „in den Quellen“:
Ein katholischer Pfarrer, Heribert Zerwes habe die Grundidee zu dem Weg gehabt, heißt es. Seine Idee wurde 2009 in die Tat umgesetzt, der dann 2010 durch den Deutschen Wanderverband als „Qualitätsweg Wanderbares Deutschland „ausgezeichnet wurde.
Die 105 Kilometer von der Quelle in Linden bis zur Rheinmündung in Neuwied sind für die „Profis“ in 8 Etappen eingeteilt. Der Weg verläuft zu 47% auf Naturbelassenen Wegen, zu 33 % auf befestigten Wegen und zu 21% auf Verbunddecken. Eine mittelschwere Wanderung. Am Ufer der Wied führt es oft lang, manches Mal aber auch durch den Wald, heißt es. Typisch sei Buche. Kartenschau, Entdeckung von Geschichten und Geschichtchen vom Wegesrand lese ich, bis es einfach nur noch heißt :“Jetzt aber !“
Jetzt aber- raus aus dem ethnologischen Lehnsessel, weg mit dem Finger von der Wanderkarte, ins „Konkrete“ hinein. Ohne den Ansporn, die vorgegebenen Etappenziele zu schaffen. Nur los.
II Die Route: Neuwied, Biergarten am Deich- Niederbieber
Entfernung/Gehzeit: 10,749 km/ 2 Stunden
Höhen: von 53 m auf ca.95 Meter
Schwierigkeit: leicht
schwieriges Teilstück: Aufstieg Helderberg
Neuwied
Entgegen der offiziellen Wegbeschreibung lege ich den Startpunkt um etwa 2,0 km vor, und nehme einen Teil des „Neuwieder Deichwegs“ mit. So wird die Etappe blaublütig und führt am 1653 Schloß zu Wied vorbei durch den dort angesiedelten Schloßpark zu der Stammburg des Fürstenhauses in Altwied. Es wird auch in den folgenden Etappen fürstlich bleiben, denn es geht durch die „wiedischen Lande„, vorallem durch das geschichtsträchtige Gebiet der „Gründerväter“.
Zu Beginn der folgenden Fußarbeit sei auch noch unbedingt ein kleiner Snack und ein Getränk am „Biergarten am Deich“ empfohlen. Schade eigentlich, dass es den sehr leckeren Kaffee nur in kleinen Tässchen gibt.
Gestärkt setzt man nun, voller Vorfreude auf die ersten Schritte, die einen Reisebeginn markieren, einen Fuß vor den nächsten- auf geht es eine Strecke von 1,7 km durch den 15 ha großen Schlosspark mit seiner abwechslungsreichen historischen Baumkultur.
Am Ende des Parks trifft man nun endlich auf den Beginn des eigentlichen Abenteuers. Dort, wo die Wied in den Rhein mündet, beginnt auch der Wiedweg.- Nun ja.. eigentlich endet er dort
Irlich
Jenseits der Unterführung geht es mit der Kurtrierer Straße und Teile der Straße „Rhein- Wied Eck“ durch zivilen, urbanen Raum. Am Kirmeshäuschen und der Schützenbruderschaft St.Georg vorbei läutet ein Kiesweg direkt an der Wied gelegen „Natur“ ein“.
Ein Links- oder Rechtsknick im Weg macht neugierig.. was wird man wohl sehen?
An der Wiedschleife ändert sich der Weg, und erstmals auf der Reise ist eine Alternative vorgeschlagen, gesetzt den Fall, es hat Hochwasser. Der vorgeschlagene Alternativweg beginnt mit einer romantisch anmutenden Treppe, die auf den „Helderberg“ und weg von der Wied führt.
„Helderberg“ dass heißt, am Rande des Irlicher Industriegebiets auf einer geteerten Straße an Wiesengrundstücken vorbei laufen, und die Wied nur hören. Und es heißt, einem Vierbeiner „Guten Tag“ sagen, und wiehernd Antwort erhalten.
Zurück an den die Treppe, hat man bei Nichtsperrung des Weges einen abenteuerlichen Weg vor sich, der nur Zentimeter von der Wied trennt. Vorsichtiges Fortbewegen ist angesagt,denn es ist rutschig, Wurzeln und Schiefersteine lugen aus dem Boden heraus. Und dennoch- einfach „mittendrin“ und nahdabei.
Auf der anderen Uferseite erspäht man die Firma Rasselstein, die hier einen Wehr errichtet hat.Früher wurde hier Wasser gestaut, doch die Fische hatte damit Probleme, der „Wiedaufstieg“ gelang nicht mehr. Ein Naturschutzprojekt wurde ins Leben gerufen.
Niederbieber
Einst bauten die Römer hier ein Kastell und führten den Limes durch den Ort, der später fuhr man in die „Sommerfrische“ hierhin. Ein Ort mit Geschichte und Geschichten entlang des Flußes. Beginnend mit der Geschichte der Firma Rasselstein. Das Walzwerk, welches die Schienen der ersten Eisenbahnstrecke Nürnberg- Fürth im Jahre 1835 herstellte, sammelt Wiedwasser in einem Becken, um sie sodann der Natur freizugeben.
Im Ort selbst verschwindet die Wied kurz, und erscheint an der Wiedinsel wieder. Hierverschwindet die Wied , taucht Dem Verlauf des Weges folgend quert man die Wiedinsel. So dann erreicht man die Strasse „Am Steg“. Hier war in den 1920´er Jahren ein Strandbad.
Bildquelle: NR_Kurier
Dem Uferweg folgend verlässt man den Ort, bergauf in das Naturschutzgebiet „Auf der Hardt“, in dem ein „Streuobstwiesen-Projekt“ zur Arterhaltung angesiedelt wurde.(siehe Bericht in der „Infobox“)
Altwied
In Altwied schließlich lässt man „die Stadt“ hinter sich. Die Stammburg „derer zu Wied“
aus dem elften Jahrhundert wacht über dem Ort. Durch den Torbogen „De Porz“ entschwindet man der Moderne, und taucht in die mittelalterlichen Kern des Ortes ein.
Altwied´s alter Ortskern sei in einer späteren Wanderroute, dem Reformationsweg, näher beschrieben. Jetzt quert der Wandersmann diesen Part, zieht artig an der gotischen Kirche seinen Hut und sagt „Grüß Gott Herr Pfarrer“ und kommt am Ende des Ortes an eine Brücke, die ihn zu einem Wäldchen führt. Ab hier ist es Zeit, die Natur zu begrüßen. „HaHa, Urwald“ tönt eine Bekannte aus der Großstadt Bonn, als sie Fotos erstmals sieht.
Dieses rechts entlang wird Endpunkt der Etappe 1 erreicht: ein Steg, der in den rauschenden, blubbernden fließenden Wegbegleiter ragt. „Links lang “ geht es in Etappe 2 weiter, der Ausblick ist vielversprechend.
Das Wunder der Etappe
Man kennt die Sprüche: „Der Weg ist das Ziel“ und „Eine Reise von 1000 km beginnt mit dem ersten Schritt“ etc.– stimmige Weisheiten sich doch endlich auf „den Weg zu machen“. Macht man es dann wirklich, und nicht nur gedanklich, und zeigt man sich überdies bereit, auf das, was Geschehen mag einzulassen, kann es gelingen, dass sich Wahrnehmung schärft. Man verändert sich , und kann den „Trott“ hinter sich lassen, die Freude zu spüren „um die nächste Ecke gucken zu wollen“.
Dies definiert der #Wanderflaneur als Wunder Nr.1
Fotos Irlich: Copyright und Dank an Lena und Erwin!
III Infobox
a) Orte und Plätze
#Neuwied #Schloßpark #Irlich #Niederbieber #Altwied
b) Weiterlesen
Der „Recherche-Einstiegsklassiker“- die Wied bei Wikipedia.de
Die Wied- etymologisch und sprachgeologisch betrachtet Karl Anhäuser
Wied und Wiedweg als Hochwasserschutz- erläutert auf der Seite zum Deichstadtweg
Das Landesamt RLP für Umwelt beschreibt in der Aktion „Blau Plus“ die Umbauten an der Wied zugunsten des Fischaufstiegs
Der AK -Kurier berichtete über das Streuobstwiesen-Projekt des Naturschutzgebietes „Auf der Hardt“
Der Naturschutzbund (NABU) stellt die Bedeutung der Streuobstwiesen dar
c) Weiterwandern
Deichstadtweg Neuwied– entlang des Deiches vom Wasserpark in Irlich zumr Rheinbrücke bei Engers, mit vielen Info-Tafeln
Sankt Martins- Pilgerweg – 40 km Pilgern auf den Spuren des Bischofs Martin von Tours von Linz nach Engers
Reformationsweg– auf den Spuren der Reformation im Kirchenkreis Wied, Niederbieber- Oberhonnefeld